„Arbeit nach dem Fordismus: Potentiale und Probleme qualitativer sekundäranalytischer Forschung.“

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„Arbeit nach dem Fordismus: Potentiale und Probleme qualitativer sekundäranalytischer Forschung.“ 2021-01-27T10:50:19+00:00

39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) »Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen« 2018 in Göttingen

Die nachhaltige Archivierung und Sekundäranalyse qualitativer Daten hat in den letzten Jahren in der wissenschaftlichen Debatte, aber auch in der Forschungspraxis zunehmend an Bedeutung gewonnen. Noch ist aber offen, ob es gelingen wird, die damit verbundenen erweiterten Möglichkeiten der Datennutzung mit einem entsprechenden methodischen Instrumentarium so zu verbinden, dass sich für die Soziologie neue Möglichkeiten der Diagnose gesellschaftlicher Entwicklungen eröffnen. Es ist deshalb Zeit für eine Standortbestimmung: Welche spezifischen empirischen wie auch theoretischen Erkenntnisse können über die Sekundäranalyse qualitativer Daten erzielt werden? Welche methodischen Erfahrungen liegen bislang vor? Wie muss die Sekundäranalyse weiter entwickelt werden, damit sie zu einem Standardinstrument qualitativer Sozialforschung wird?

Mit diesen Fragen greift die Ad-Hoc-Gruppe das Kongressthema „Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen“ unter methodischen wie auch inhaltlichen Perspektiven auf: Mit der Sekundäranalyse qualitativer Daten stellt sie eine Erweiterung des methodischen Instrumentariums zur Diskussion und überprüft, inwieweit solche Forschungsdesigns, in denen (zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhobene) Datensätze vergleichend ausgewertet werden, neue Möglichkeiten der Analyse komplexer gesellschaftlicher Entwicklungen im Zeitverlauf eröffnen. Mit der Fokussierung auf den Bereich der Arbeit nimmt sie ein Teilsystem der Gesellschaft in den Blick, in dem sich globale und lokale Entwicklungen mit massiven gesellschaftlichen Auswirkungen verbinden, und unterwirft es einer neuen Sichtweise: Der jüngere historische Strukturwandel von Arbeit wird heute – retrospektiv – häufig in Begriffen einer steigenden Subjektivierung und Vermarktlichung analysiert. Aber wie lassen sich solche Entwicklungen beschreiben, wenn wir die aktuellen arbeitssoziologischen Kategorien auf die Phase fordistischer Arbeitsorganisation und ihre verschiedenen Umbruchsstadien anwenden und diese systematisch mit aktuellen Rationalisierungsbedingungen vergleichen? Welche Korrekturen, Relativierungen oder auch Schärfungen der Wandlungsthesen werden durch eine Sekundäranalyse von historischem und aktuellen Material angeregt?

Die Forschungsergebnisse, die von den Referentinnen und Referenten der Ad-Hoc-Gruppe präsentiert werden, verbinden inhaltliche Erkenntnisse zum Wandel von Arbeit mit einer methodischen Reflexion der Möglichkeiten, die mit einer sekundäranalytischen Nachnutzung qualitativer Datensätze verbunden sind. Dabei ist es für das hier präsentierte Forschungsfeld der Arbeits- und Industriesoziologie typisch, dass solche Datensätze in Form von Betriebsfallstudien und entsprechendem empirischen Material (Interviews mit Beschäftigten und Experten, Arbeitsplatzbeobachtungen u.a.m.) vorliegen. Die Erkenntnisse, die aus der Veranstaltung der Ad-hoc-Gruppe zu ziehen sein werden, sollen jedoch über den Bereich der Arbeits- und Industriesoziologie hinausreichen und generell für das Fach etwa für die Methodenentwicklung oder die gesellschaftliche Zeitdiagnose nutzbar sein.


Das geplante Programm für die Ad-Hoc-Gruppe am Freitag, 28.09.2018 von 9.00 – 11.45 Uhr

  • Peter Birke (Universität Göttingen) / Nicole Mayer-Ahuja (Universität Göttingen / SOFI): Geht nicht – bringt nichts? Ein neuer Blick auf alltägliche Arbeitserfahrung und Labour Unrest seit den 1990er Jahren auf Basis der Sekundäranalyse arbeitssoziologischen Materials
  • Wolfgang Menz (Universität Hamburg) / Sarah Nies (ISF München): Autorität, Markt und Subjekt. Ergebnisse einer sekundäranalytischen Längsschnittstudie
  • Thomas Goes (SOFI Göttingen): Von Befreiung, Bewährungsproben und Wettbewerbsbündnissen. Rationalisierung und Arbeitsbeziehungen in der deutschen Autoindustrie zwischen 1980 und 2000
  • Jakob Köster (Universität Jena) / John Lütten (Universität Jena): Prekarität und Alltagsbewusstsein – zur sekundäranalytischen Untersuchung von Gesellschaftsbildern
  • Heike Jacobsen (TU Cottbus) / Ellen Hilf (sfs Dortmund): „Beruf“ als Mythos und Fiktion – sekundäranalytische Rekonstruktion der Bedeutung von Berufsfachlichkeit aus der Perspektive von Unternehmen und Beschäftigten im Einzelhandel seit den 1980er Jahren