Einen Beruf zu erlernen, sich als beruflich qualifizierte Fachkraft im Betrieb und auf dem Arbeitsmarkt zu bewegen, ist in Deutschland eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Erwerbsbiografie. Zugleich bildet der Zugriff auf berufsfachlich qualifizierte Arbeitskräfte ein wesentliches Element des für Deutschland typischen Produktionsmodells. Seit mindestens zwei Jahrzehnten jedoch werden widersprüchliche Diagnosen zum Wandel der engen Verknüpfung von inhaltlichen beruflichen Qualifikationen und ihrer Verwertbarkeit in entsprechenden Statuspositionen bzw. zum Wandel der betrieblichen Nutzung von Qualifikationen gestellt. Es ist einerseits die Rede von der „Erosion der Berufsfachlichkeit“ (Baethge/ Baethge-Kinsky 1998), andererseits von der fortbestehenden „Verberuflichung von Marktchancen“ (Konietzka 1999).
Die meisten Autoren sind sich einig, dass Dienstleistungsberufe besonders anfällig für Entberuflichung seien. Dennoch sind die Anteile beruflich Qualifizierter im Verkaufsberuf nicht zurückgegangen, sondern sprechen für eine scheinbar ungebrochene Bedeutung von Berufsfachlichkeit. Fallstudien jedoch zeigen, dass technisch-organisatorische Rationalisierung zur Dequalifizierung der Anforderungen im Verkauf geführt hat. Entberuflichung wäre hier also die passende Diagnose und „Reprofessionalisierung“ der Verkaufsarbeit das häufig geforderte Gegenmittel (z.B. Baethge/ Oberbeck 1992). Doch auch heute noch – lange nach diesen pessimistischen Prognosen – ist der Anteil der qualifizierten Beschäftigten in diesen Tätigkeiten bisher nicht zurückgegangen.
Mit Hilfe von Sekundäranalysen qualitativen Fallstudienmaterials aus den letzten Jahrzehnten ist es möglich, diesen Widersprüchen auf die Spur zu kommen. Die Identifikation mit dieser Tätigkeit als Beruf wandelt sich deutlich: Wurde zu Beginn der 1980er Jahre die Beruflichkeit als selbstverständlich betrachtet, wird sie heute von der massiven Flexibilisierung der Beschäftigungsbedingungen untergraben. Zur Konstitution von Beruflichkeit gehört demzufolge auch eine stabile Beschäftigungsbeziehung und diese wird im Postfordismus in Frage gestellt.
Daraus können Folgerungen für die Zukunft der Beruflichkeit etwa im Zusammenhang mit der Digitalisierung gezogen werden. Wird es in Zukunft noch Berufe im bisherigen Verständnis geben, wenn Beschäftigung weiter flexibilisiert wird?