Was wis­sen wir über Prak­ti­ken all­täg­li­cher Koope­ra­ti­on im betrieb­li­chen Kon­text, die gemein­hin als Quel­le von ›Labour Unrest‹ betrach­tet wer­den, und wie haben sie sich seit den 1990er Jah­ren ver­än­dert? In die­sem Bei­trag argu­men­tie­ren wir, dass das arbeits­so­zio­lo­gi­sche Mate­ri­al, das in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten etwa im Rah­men von Betriebs­fall­stu­di­en erzeugt wur­de, uns der Ant­wort auf die­se Fra­ge näher brin­gen kann. Aus­ge­hend von einer kur­zen Dis­kus­si­on über die Metho­de der Sekun­där­ana­ly­se und die Beson­der­hei­ten des empi­ri­schen Mate­ri­als, die in der Arbeits­so­zio­lo­gie und dar­über hin­aus nach wie vor kri­ti­sche Ein­schät­zun­gen bezüg­lich die­ses For­schungs­an­sat­zes pro­vo­zie­ren, möch­ten wir des­sen Stär­ken am Bei­spiel der Ana­ly­se von Labour Unrest in der west­deut­schen Auto­mo­bil­in­dus­trie demons­trie­ren. Basie­rend auf vier (am SOFI durch­ge­führ­ten) Fall­stu­di­en wird zunächst dis­ku­tiert, inwie­fern die sich ver­än­dern­den Pro­jekt­fra­ge­stel­lun­gen als Indi­ka­tor für gesell­schaft­li­chen Wan­del in und außer­halb des Betrie­bes gel­ten kön­nen. Im Anschluss dar­an wer­den vier spe­zi­fi­sche Kon­stel­la­tio­nen quer zu den Fall­stu­di­en in Hin­blick auf Ver­än­de­run­gen von Labour Unrest befragt, wobei wir davon aus­ge­hen, dass Arbeit im betrieb­li­chen Kon­text in vie­ler Hin­sicht als Brenn­spie­gel fun­gie­ren kann, in dem sich poli­ti­sche, öko­no­mi­sche und gesell­schaft­li­che Dyna­mi­ken gleich­sam gebün­delt nie­der­schla­gen. Anhand einer inten­si­ven Ana­ly­se des empi­ri­schen Mate­ri­als zeich­nen wir nach, wie sich die Gren­zen von Kol­lek­ti­vi­tät im Zuge organisatori­scher Ver­än­de­run­gen ent­wi­ckelt haben; wie all­täg­li­che Erfah­rung im Rah­men des Arbeits­pro­zes­ses sich in Kon­flikt und Koope­ra­ti­on nie­der­schla­gen und Solidarisierungs­potentiale beein­flus­sen; wel­che Bezie­hun­gen zwi­schen Labour Unrest und institutionali­sierter Inter­es­sen­ver­tre­tung bestehen und wel­che Wech­sel­wir­kun­gen schließ­lich zwi­schen all­täg­li­cher Arbeits­er­fah­rung und Uto­pien von einer ande­ren Arbeits­welt zu erken­nen sind. Ziel ist es, einen ana­ly­ti­schen wie wis­sen­schafts­po­li­ti­schen Punkt zu machen: die Sekun­där­ana­ly­se von arbeits­so­zio­lo­gi­schem Mate­ri­al funk­tio­niert – und sie ver­spricht erheb­li­chen wis­sen­schaft­li­chen Mehr­wert.